“In der zunehmenden Verwilderung, der Gewaltbereitschaft und Eskalation liegt ein gesellschaftliches Potential, dessen Kraft bisher wenig erforscht ist. Wir sollten lernen, sie uns zunutze zu machen.”
Arnold Hofhaus

NOVA PORTA ist eine Organisation, die sich mit der Bewältigung von Risiken befasst. Am Scheidepunkt der Zivilisation nutzen wir die Chance der Umstrukturierung, Neuordnung und Besetzung. Wir eliminieren Ursachen von Bedrohungen, wir machen Krisen nutzbar, wir schaffen Platz für Abenteuer.
Zerstörung ist Schöpfung.

Eine befristete Maßnahme beendet Ihr tristes Leben. Was Sie erwartet:

Resignation, Paranoia und Konsumgier sind die Koordinaten, in der sich unsere Gesellschaft bewegt. Das Vertrauen in die Zukunft schwindet, die fortschreitende Verwahrlosung großer Bevölkerungsteile im globalen Kapitalismus setzt ungeahnte Kräfte frei. Seit nunmehr 20 Jahren verfolgen wir diese Entwicklung und konzipieren Strategien zur Bewältigung moderner Risiken. Wir nutzen die Chance der Umstrukturierung, Neuordnung und Besetzung. Wir eliminieren Ursachen von Bedrohungen, wir machen Krisen nutzbar.
Mit der Maßnahme wollen wir auch Ihnen ermöglichen, persönliche Risikobereiche auszuschalten und sich und Ihre Umwelt in ein angemessenes Verhältnis zu setzen. In acht Ausgaben wird Ihnen die Maßnahme dabei begleitend zur Seite stehen.
Neben Berichten über unsere laufenden Experimente, Interviews und Verhaltenstipps bieten wir Ihnen auf der letzten Seite die Möglichkeit, selbst in Aktion zu treten. In kreativer Arbeit, Selbstversuchen und Belastungsproben trainieren wir Sie in der Verbesserung Ihrer Selbstkontrolle und helfen Ihnen bei der Minimierung Ihrer Schwachstellen. Nutzen Sie diese Chance und werden Sie Teilnehmer unserer Maßnahme. Senden Sie Ihre Aufzeichnungen an uns zurück, erreicht Sie die nächste Ausgabe automatisch per Post. Wollen Sie nicht an der Maßnahme teilnehmen, endet sie nach dieser Ausgabe. Ihre zuständige Agentur für Arbeit wird Ihnen Ihren Entlassungsbescheid zustellen und Sie über eventuell auftretende finanzielle Konsequenzen unterrichten. Wir wünschen Ihnen eine erfolgreiche Teilnahme.

Wollen Sie Ihre Schwachstellen minimieren, Ihre Selbstkontrolle verbessern, ein handlungsfähiges Subjekt werden?
Wir trainieren Sie.

„Das sich in unzähligen Flüchtlingslagern ansammelnde „nackte Leben“ bildet die größte Bedrohung der Zivilisation und zugleich ihre Reststufe, von der aus die Zivilisation neu gegründet werden kann, eine Reserve des Denkens, des Handeln und des Unterkriechens in der Natur.“
Thomas Hauschild

Bei der Auswahl unserer Niederlassungen nutzen wir das Chamäleonprinzip. Bei Problemen sind wir zur Stelle und passen uns den Gegebenheiten an. Entvölkerte Zonen, Ödnis, verlassene Orte betrachten wir als kreatives Arbeitsumfeld. Geschichtsträchtige Orte besetzen wir neu.
Wir sichern Ihre Romantik.

„Wenn‘s bergab geht, läuft‘s am besten.“
Ein Mitglied

„Das individuelle Leben ist eine serialisierte kapitalistische Miniaturkrise, ein Desaster, das Deinen Namen trägt.“
Brian Massumi

NOVA PORTA ist eine Bewegung.
Eine Organisation von Menschen mit Innovationskraft, Unternehmungslust und technischen Fertigkeiten. Wir geben Ihnen die Möglichkeit, sich und Ihre Umwelt in ein angemessenes Verhältnis zu setzen und persönliche Risikobereiche zu eliminieren.
Wir nutzen Ihre Energie.

„Armut ist eine Folge moralischen Fehlverhaltens.“
Die Bundesregierung

Für Ihre persönlichen Operationen verleihen wir gern unser erfahrenes Personal. Tragen Sie die Idee von NOVA PORTA in Ihr Umfeld. Überzeugen Sie Ihre Geschäftspartner durch professionelles Auftreten. Die NOVA PORTA Service Groups stehen zu Ihrer Verfügung.
Wir setzen Ihre Triebe frei.

Freie Meinungsäußerung?
Kein Problem.

Wir wollen wissen, was Sie denken, tun, fühlen.

Abgehört:

Heute: F., 38 Jahre, Mitglied seit 2001

  „Seit sechs Jahren gehöre ich dazu. Wenn ich mit Außenstehenden darüber rede, tue ich das meist nebenbei, so als wäre es nichts Besonderes und mit etwas Übung und Selbstdisziplin wäre es auch ihnen möglich, bei uns anzufangen. Aber vielleicht muss ich mich erklären: Ich bin Mitglied einer Organisation.

  Über ihre Ausmaße weiß man nichts Genaues. Einige mögen ahnen, dass sie größer und bedeutender ist als man sich vorstellen kann. Beweisen können sie es nicht. Die Organisation kontrolliert genau, welche Informationen nach außen dringen. Es gibt eine Gruppe von Leuten, ich nenne sie die Bürgerpolizei (sie haben so was Selbstgerechtes), die diesen Informationsfluss filtert. Ich komme ihnen harmlos vor, so als hätte ich noch nichts begriffen. Ein pflichtbewusstes Mitglied.

  Eingetreten bin ich aus freien Stücken und nicht nur das; ich sehe es als ein Privileg an, dazuzugehören. Ich war immer schon beeinflussbar von der öffentlichen Meinung. Leicht anfällig, würde ich sagen. Und zur Zeit meines Eintrittes gehörte es in meinem Umfeld dazu, über die Organisation zu reden. Ob das heute immer noch so ist, kann ich nicht sagen, ich habe nur noch wenig Kontakt zu Nicht-Mitgliedern. Für meinen Eintritt erntete ich wahre Bewunderung. Dennoch folgte mir niemand nach. Worum es hier geht, durchschaue ich erst jetzt, stückchenweise. Ich fange an, mir ein Bild zu machen, was Sie ruhig wörtlich auffassen dürfen. Ich zeichne auf, was ich sehe, später erst, damit es niemand bemerkt, ich habe mein Hirn auf den fotografischen Blick trainiert. Es ist in der Lage, ein Bild zu behalten, solange, bis ich es auf das Papier entlasse. Warum ich das mache? Anfangs war es nur Spaß. Ich denke, jeder sollte ein Hobby haben. Und da ich kein sportlicher Typ bin, gefiel es mir, meinen Körper auf diese Weise trainieren zu können. Vielleicht liebäugelte ich auch mit der Idee, die Organisation eines Tages bei der Presse zu denunzieren und mit dem Geld abzuhauen. (Warum das nicht möglich ist, werde ich Ihnen noch erklären.) In der Organisation wird streng darauf geachtet, dass niemand über alles Bescheid weiß. Jeder arbeitet in seinem Teilbereich.

  Vielleicht möchten Sie nun wissen, was meine Aufgabe in der Organisation ist?
Ich arbeite in der Sektion Kunstgeschichte. Offiziell verfassen wir wissenschaftliche Abhandlungen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Leiter unserer Sektion arbeitet an einer Säuberung der Kunstgeschichte. Er hegt persönliche Aversionen gegen die niederländische Malerei. Aufgequollene Leiber, Saufgelage, Völlerei, sicher kennen
Sie das. Die Organisation legt Wert darauf, gesunde Mitglieder zu haben. Da ist es nur verständlich, wenn solche Bilder vernichtet werden. Ich jedenfalls finde es überzeugend. Unsere Spezialität ist es, die Bilder nicht komplett zu beseitigen, sondern entsprechende Bildteile zu eliminieren. Ich glaube, dass das noch nicht einmal jemand bemerkt hat. Der Staat jedenfalls unterstützt uns mit einer ansehnlichen Summe an Fördergeldern. In den meisten Sektionen herrscht ein strenges Schweigegebot. Bei uns kann man davon ausgehen, dass sich die Bevölkerung nicht für unser Tun interessiert. Niemand hat sich je für Kunst interessiert. Und niemand wird es je tun.“

Definition:
Das Status-L-Phenomenon oder auch Phenomenon of Lost Status ist ein von Alfred Herrenhaus 1957 geprägter soziologischer Begriff, der den urplötzlichen Verlust materieller Besitztümer bezeichnet, welcher jedoch mit einem an die neuen Lebensumstände angepassten standesgemäßen Verhalten einhergeht. Bei diesem Phänomen passt sich das Bewusstsein mit Eintritt in eine neue Lebenssituation scheinbar automatisch an. Dies zeigt sich in einem veränderten Habitus der betreffenden Person, also an seinem Lebensstil, Sprache, Kleidung und Geschmack. Die Gewohnheiten des Denkens, Fühlens und Handelns scheinen außer Kraft gesetzt.
weiterlesen

John C. (51): Niemand kann sich erklären, was hier passiert ist. Aber dass es nur die Reichen betroffen hat, beruhigt mich irgendwie. Vielleicht gibt es demnächst eine Verwandlung in die andere Richtung? Ich komme von der Arbeit und meine Bude ist eine Villa und meine Frau eine Luxusbraut?
Das würde mir schon besser gefallen.

Tritt F. für etwas ein, dann sind es Ziele ohne Belang. Als täte er es nur auf Probe. Was ihm wirklich wichtig ist, verleugnet er.

Ich werde zurückkehren / Mit Gliedern von Eisen / Mit dunkler Haut / Mit wilden Augen / Beim Anblick meiner Fratze wird man denken, ich gehörte zur Rasse der Starken / Ich werde Gold haben /

KOMMT DIE KAPITALGESELLSCHAFT ZUM KOCHEN, SCHWIMMT DER ABSCHAUM OBENAUF.